Soziale Projekte für Gambia e.V Rechtsanwältin Marika Bjick Ferdinand-Lassalle-Straße 18 04109 Leipzig Deutschland +49 341 213 19 79

Land und Leute

Wir haben die Uhr - die Afrikaner die Zeit!

46711963_863.jpgDieses Zitat mag dem einen oder die andere ein mitleidiges Lächeln abringen mit dem Gedanken, deshalb kommen die auch nicht voran. Doch dahinter steckt ein tieferes Thema, das zur unterschiedlichen Wahrnehmung von Zeit führt.

Lineare Zeitvorstellung

In unseren Breiten verläuft das Zeitgefühl linear oder monochron. Es gibt die strikte Anenanderreihung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wir planen unseren Alltag und arbeiten die Themen weitgehend nacheinander ab. Wir wissen, dass viele Dinge nach dem Gesetz der Wiederkehr einander folgen. Ohne Ebbe keine Flut, ohne Einatmen kein Ausatmen.

Pausen oder nicht produktive Zeiten werden bei diesem Denken weitgehen zu elliminieren. Eine lineare Zeitauffassung kennt Anfang und Ende.

Unsere westliche Industrie, so wie wir sie heute kennen, wäre ohne ein lineares Zeitdenken nicht vorstellbar. Wir hier sind durch diese Denkhaltung eher individualistisch unterwegs. Ganz anders ist dies bei einer

Zirkulären Zeitvorstellung

Das zirkuläre Denken ist in eher kollektivistisch orientierten oder traditionellen Gesellschaften beheimatet. Im System der Großfamilie, wie sie in Afrika noch immer vorherrscht, hat die Gemeinschaft und damit ein ganz anderes Zeitverständnis einen hohen Stellenwert.

Die Menschen dort leben in der Gegenwart, im Hier und Heute und versuchen möglichst viele Dinge mehr oder weniger gleichzeitig zu erledigen. Weil das nicht klappt, sind sie eher unpünktlich. Pausen sind integrativer Teil des Gesamtprozesses. Die so geprägten Menschen werden produktiv und unproduktiv weniger genau unterscheiden, wie hierzulande.

Eine zirkuläre Zeitauffassung meint, dass das Leben der Menschen aus ewig wiederholenden Zyklen besteht. Die nätürlichen Zeitverläufe wie der Kreislauf der Natur mit Tag und Nacht, die Jahreswechsel, Regen- und Trockenzeiten, oder auch Fest- und Feiertage haben für diese Menschen einen hohen Stellenwert. Ein fester Rythmus hangelt sich an diesen Fixpunkten entlang.

Fazit:

Es gibt meiner Meinung nach kein besser oder schlechter. Ich erkenne nur, dass wir, die wir hier durch die protestantische Arbeitsethik geprägt sind, eine gewisse Sehnsucht nach mehr Gelassenheit zunehmend entwickeln. Auf unseren Reisen nach Gambia verspüren viele von den Mitreisenden dieses Bedürfnis.

Wenn es uns gelingt, von den Afrikanern das "Leben im Hier und Jetzt", zumindest zu einem gewissen Teil, in unseren Alltag zu übernehmen, Pausen zuzulassen, nach Spannung auch Entspannung zu genießen, werden wir die an uns gestellten Anforderungen künftig leichter bewältigen.


von Reinhold Hartmann


Bilder sagen oft mehr als Worte: