Soziale Projekte für Gambia e.V Rechtsanwältin Marika Bjick Ferdinand-Lassalle-Straße 18 04109 Leipzig Deutschland +49 341 213 19 79

Reiseberichte

Seit über einem Jahr bin ich Mitglied im Verein „Social Projects for The Gambia e. V.“ und inzwischen Kassenwart. Zeit für mich, mir endlich vor Ort selbst ein Bild davon zu machen, wie die Spendengelder und Mitgliedsbeiträge verwendet werden und natürlich auch das Land und die Menschen kennenzulernen.

Gemeinsam mit drei Vereinsmitgliedern und unseren beiden neuen Praktikanten reise ich am 22. Oktober 2012 für zwei Wochen auf eigene Kosten (wie das übrigens alle Vereinsmitglieder tun) nach Gambia. Zwei Tage später ist es soweit: Wir besuchen die von unserem Verein unterstützte Nurseryschool in Tamba Kunda. Die Schule liegt ca. anderthalb Autostunden von unserem Hotel entfernt – in einer Gegend, in die sich nur selten oder nie ein Tourist verirrt.

Reinhold, ein Vereinsmitglied der ersten Stunde, ist unser Fahrer, denn er kennt den Weg dorthin schon sehr gut. Nach einigen Polizeikontrollen und einer Autopanne verlassen wir die Straße. Die letzten Kilometer geht es über unbefestigte Sandwege, die durch die Regenzeit stellenweise kaum passierbar sind. Die Wege sind gesäumt von hohen Minzepflanzen, die beim Vorbeifahren einen angenehm frischen Duft ins Auto wehen.

Unterwegs werden wir immer wieder von Kindern mit dem freudigen Ruf Toubaaaaaab (Toubab heißt Weiße) begleitet.

Kurz vor unserem Ziel halten wir an einem Compound, so heißen die Dörfer der Einheimischen. Hier steht ein Backofen für Tappalappa,das landestypische Stangenweißbrot. Leider hat der Bäcker an diesem Tag seine Arbeit bereits beendet und der Ofen ist schon kalt. Wir sind enttäuscht, wollen wir doch den Kindern an unserer Schule neben einem warmen Mittagessen gern auch ein Frühstück anbieten. Dann haben wir doch noch Glück! Der Bruder des Bäckers ist vor Ort und ruft diesen an. Kurze Zeit später steht er vor uns und wir besprechen, wie viel Tappalappa ein Vorschulkind zum Frühstück isst und wie viele wir für unsere Schüler benötigen werden. Dann rechnen wir alles zusammen und prüfen, dass die Kosten unser Budget nicht übersteigen. Unser Geld reicht! Per Handschlag vereinbaren wir, dass die Kinder ab 5. November auch Frühstück in der Schule erhalten. Mit dieser frohen Botschaft machen wir uns auf die letzten Meter bis zur Schule.

Über 70 Kinder untersucht

Auf dem Schulgelände angekommen, weiß ich spätestens seit dem Aussteigen, warum mir der liebe Herrgott zehn Finger gegeben hat. Sofort habe ich an jeder Hand mehrere Kinder. Jedes Kind versucht seine Position zu halten oder gar zu verbessern.

Sprich eine ganze Hand für sich zu erobern, und die wird dann tapfer gegen andere Handinteressenten verteidigt. Die Kinder bestaunen und untersuchen uns. Sie reiben an unserer Haut. Ich weiß nicht, ob sie glaubten, dass bei gründlicher Reinigung

doch noch etwas dunklere Hautfarbe zum Vorschein kommt.

Mit dieser Begleiteskorte bahnen wir uns den Weg bis zum Klassenraum. Hier ist Dr. Günter Schmidt – seit über 50 Jahren Arzt – gerade dabei, den Gesundheitsstatus der Kinder aufzunehmen. Das ist mit einer Vorschuluntersuchung in Deutschland

vergleichbar. Sein Sohn Christian, Physiotherapeut, hilft ihm dabei. Lehrer Yunus Gibba hat sich viel Mühe gegeben, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Der Tisch ist mit einem Tischtuch und ein paar Blümchen geschmückt, die Fenster sind

mit bunten Tüchern verhangen. Christian zeichnet ein Maß an die Wand, damit die Größe der Kinder bestimmt werden kann. Yunus gibt übrigens eine ausgezeichnete Kranken„schwester“ ab. Mit seiner exakten Dokumentation kann jederzeit nachvollzogen werden, welches Kind untersucht wurde und welche Medikamente es gegebenenfalls noch erhalten muss.

Untersucht wurden 75 Schüler, zehn Menschen aus den umliegenden Compounds sowie zwei Säuglinge. Das Resultat: Die Schüler befinden sich in einem physisch guten Allgemeinzustand. Nach Meinung von Günter auch ein Resultat der regelmäßigen

Ernährung, z. B. durch das vom Verein gespendete warme Mittagessen. Ernstliche Gesundheitsschäden im Herz-, Lungenbereich konnte er nicht feststellen. Auffällig ist die sehr gute Körperhaltung und Muskulatur.

Grund ist vermutlich das Leben jenseits von überschweren Schulranzen und einer Freizeit ohne Fernseher und Spielkonsolen.

Auch Hygiene muss gelernt werden

Damit die Schüler nicht mehr alle mit demselben Becher aus einem großen Wasserfass trinken, haben wir für jedes Kind zur Verbesserung der Hygiene einen eigenen Trinkbecher gekauft. Dass sie diesen auch tatsächlich benutzen, wird die Aufgabe

unserer Praktikanten sein, die die Vereinsarbeit für die nächsten sieben Monate in Tamba Kunda unterstützen werden.

Es ist Essenszeit in unserer Schule. Dafür werden große Emailschüsseln mit Reis, Kartoffeln und Bittertomaten gefüllt. Zur Feier des Tages gibt es sogar Hähnchenfleisch. Zuerst bekommen die kleinen Kinder etwas zu essen, danach die größeren.

Erst zum Schluss sind die Erwachsenen an der Reihe.

Als Höhepunkt des Tages haben wir einen kleinen Filmabend organisiert. In einer Gegend ohne elektrischen Strom ist das nur mit einem Generator zu bewerkstelligen. Mit zwei Trickfilmen bringen wir die Kinder zum Staunen. Danach müssen wir uns beeilen, damit wir die restlichen Sonnenstrahlen zum Aufräumen nutzen können. Bei unserer Heimreise begleiteten uns noch lange die Toubab-Rufe der Kinder.

Inzwischen bin ich wieder zu Hause. Aber an das lebensfrohe Lachen in den Gesichtern und die Warmherzigkeit der Menschen denke ich noch oft. Es erfüllt mich mit Freude, dass ich mit meinem geringen Monatsbeitrag, so viel für diese Menschen tun kann.

Anette Winkler


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